Derzeit wird – einmal mehr – über die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung diskutiert. Während in Europa eine Eigenheimquote von über 70 Prozent besteht, bildet die Schweiz mit 44 Prozent das traurige Schlusslicht. Trotz gesetzlicher Grundlage zur Wohneigentumsförderung und entsprechender Erlasse ist die politisch gewollte Steigerung der Eigenheimquote gescheitert. Einer der Gründe ist die steuerliche Behandlung des Grundeigentums. Zu viele Abgaben strafen Grundeigentümer ab und es stellt sich in der Beratungspraxis immer wieder die Frage, ob der Erwerb eines Eigenheims oder einer Ferienliegenschaft steuerlich sinnvoll ist.
Die öffentlich-rechtlichen Zwangsabgaben im Zusammenhang mit Liegenschaften gestalten sich vielseitig. Dies beginnt mit der Handänderungssteuer und Gebühren beim Erwerb und endet mit der (systemwidrigen) Grundstückgewinnsteuer sowie Handänderungsgebühren beim Verkauf. Regelmässig sind Liegenschaftssteuern, Grundabgaben, Vermögens- und Einkommenssteuern zu entrichten. Schliesslich bestehen latente Kostenrisiken. So können Perimeterbeiträge erhoben werden oder Katastereinträge gemäss Umweltschutzgesetz mit entsprechenden Kostenrisiken und dergleichen mehr erfolgen.
Im Bereich der Einkommens- und Vermögenssteuern ergeben sich zwei Ausgangslagen. Während bei Renditeobjekten die Besteuerung des Miet- und Pachtzinsertrags unter Abzug der Gewinnungskosten keinem steuerrechtlichen Ausnahmetatbestand entspricht und kaum Probleme aufwirft, liegen die Dinge beim selbstbewohnten Eigenheim und den Ferienliegenschaften anders.
Die Grundlage für die meisten Abgaben bildet der Steuerwert der Liegenschaft. Im Kanton Thurgau wird dieser durch die Steuerverwaltung geschätzt. Statt Individualschätzungen vor Ort werden seit einiger Zeit leider nur noch Schreibtischschätzungen auf Grundlage der Gebäudeversicherungsdaten vorgenommen. Während so die Realwerte grossteils adäquat ausfallen, kommt es bei den Mietwerten hin und wieder zu stossenden Ergebnissen. Versicherungstechnische Flächen- und Kubaturwerte sagen nicht immer aus, welcher Nutzwert einer Liegenschaft zugrunde gelegt werden darf.
Seit Jahrzehnten fallen die Eigenmietwerte im Kanton Thurgau vergleichsweise sehr hoch aus. Je nach Objekt werden die steuerrelevanten Mietwerte bis auf die Höhe der effektiv erzielbaren Mietzinse und gar darüber eingeschätzt. Dies ist in den umliegenden Kantonen nicht zu beobachten. Daran ändert auch der Rabatt von 40 Prozent für den Fall der vollständigen Selbstnutzung nichts. Für die Bundessteuer beträgt er nur 20 Prozent und in zahlreichen Konstellationen muss der volle Mietwert versteuert werden. Gerade bei Steuerpflichtigen mit wenig (realem) Einkommen bewirkt der Eigenmietwert eine überproportionale Steuerprogression, was zu einer fragwürdigen Steuerlast führt. Für Rentner, welche den Grossteil ihrer Ersparnisse in ihr Haus investiert haben, kann dies auf Dauer zu einem existenziellen Problem werden.
Der Eigenmietwert kann zwar durch Investitionen, die zum Steuerabzug zugelassen werden, reduziert oder egalisiert werden. Dies bedingt indes die Finanzierung der entsprechenden Kosten und kann nicht jedes Jahr erfolgen. Der Schuldzinsabzug kann ebenfalls zur Steuerreduktion beitragen, doch von den bezahlten Hypothekarzinsen sind lediglich rund 20 Prozent steuerwirksam. Unter dem derzeitigen Steuerregime kann mit einem Eigenheim also langfristig keine Steueroptimierung erfolgen.
Die Steuerwerte einer Liegenschaft werden im Turnus von rund zehn Jahren neu geschätzt und festgelegt. Die Überprüfung der Verfügung ist sehr empfehlenswert, weil sich die Veranlagungsverfügung auf sämtliche fiskalen Begebenheiten des Eigenheims auswirkt. Eine Anfechtung ist nur innert 30 Tagen möglich, die Folgen einer zu hohen Einschätzung dauern aber ein ganzes Jahrzehnt an.
Das Fazit: Der Erwerb einer Renditeliegenschaft aus steuerlicher Sicht ergibt durchaus Sinn. Bei Eigenheimen gilt ein steuerlicher Vorteil nur temporär und ist auf lange Sicht kaum vorhanden. Ob der Eigenmietwert tatsächlich fallen wird, ist nach all den Debatten seit dessen Einführung in den 30er-Jahren keineswegs sicher und es empfiehlt sich nicht, entsprechende Dispositionen zu treffen.
Thomas Ruch, lic. iur., Geschäftsleitung / Daniel Stricker, eidg. dipl. Treuhandexperte / Hans-Rudolf Odermatt, Buchhalter mit eidg. FA Ruch Treuhand AG, Wängi